Kündigung aus wirtschaftlichen Gründen – Voraussetzungen & Abfindung

In Krisenzeiten wie diesen müssen viele Betriebe Sparmaßnahmen treffen. Häufig kommt es dabei zu Kündigungen aus wirtschaftlichen Gründen. Die gesetzlichen Hürden dafür liegen aber hoch. Hier erklären wir, was Arbeitnehmer und Arbeitgeber wissen müssen.

1. Aus wirtschaftlichen Gründen gekündigt – was tun?

Die gesetzlichen Hürden für eine Kündigung aus wirtschaftlichen Gründen (sog. betriebsbedingte Kündigung) sind hoch. Als Arbeitnehmer genießen Sie meistens umfangreichen Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG).

Verstößt die Kündigung gegen eine gesetzliche Schutzvorschrift, kann sie vor Gericht angegriffen werden. Das ist insbesondere der Fall wenn:

  • Keine dringenden betrieblichen Erfordernisse vorliegen, die den Wegfall Ihrer Stelle begründen.
  • Sie aus sozialen Gründen schutzwürdiger sind als andere Mitarbeiter und deshalb nicht gekündigt werden dürfen (Sozialauswahl).
  • Sie auf einer vergleichbaren Stelle weiterbeschäftigt werden könnten.
  • Formfehler vorliegen.

Arbeitnehmer müssen zügig handeln

Wenn Sie Zweifel an der Rechtmäßigkeit Ihrer Kündigung haben, sollten Sie zügig handeln. Binnen 3 Wochen nach Zugang der Kündigung müssen Sie Klage beim Arbeitsgericht erheben. Andernfalls können Sie die Kündigung nicht mehr angreifen.
Achtung: Auch für die Meldung beim Arbeitsamt ist Eile geboten! Wenn Sie sich nicht innerhalb von 3 Tagen nach Kenntnis über die Kündigung als arbeitssuchend melden, droht Ihnen später eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld. Mehr Zeit haben Sie nur, wenn bis zu Ihrem Ausscheiden noch mehr als drei Monate vergehen. Spätestens drei Monate vor dem Ende Ihres Arbeitstags müssen Sie sich dann arbeitssuchend melden. Ihr Arbeitgeber muss Ihnen dafür freigeben!

Anwalt für Arbeitsrecht beauftragen

Arbeitgeber müssen die Kündigung grundsätzlich nicht begründen. Meist können Arbeitnehmer deshalb nur schwer einschätzen, ob sich der Weg zum Gericht lohnt. Hier hilft der Rat eines Fachanwalts für Arbeitsrecht. Dieser kennt die häufigsten Fehler und weiß, wie aussichtsreich eine Klage ist.

Kündigungsschutzklage erheben

Mit Hilfe des Anwalts kann dann möglicherweise eine Kündigungsschutzklage erhoben werden. Sie endet häufig in einem gerichtlichen Vergleich, der eine Abfindung vorsieht.

2. Für Arbeitgeber: Richtig aus wirtschaftlichen Gründen kündigen

Eine fehlerhafte Kündigung kann für Sie als Arbeitgeber sehr teuer werden. Klagen Arbeitnehmer erfolgreich gegen die Kündigung, müssen sie für die gesamte Prozessdauer nachbezahlt werden. Das sind häufig mehrere Monate. Sie sollten also unbedingt die Vorschriften für betriebsbedingte Kündigungen beachten:

Kündigung nur bei betrieblichen Erfordernissen

Ein rechtmäßiger Kündigungsrund liegt nur vor, wenn der Arbeitsplatz wegen betrieblichen Erfordernissen dauerhaft wegfällt. Um dies darzulegen, können Sie sowohl außerbetriebliche als auch innerbetriebliche Umstände anführen.

  • Außerbetriebliche Umstände können Auftragsmängel oder andere Umsatzrückgänge sein.
    Achtung: Im Prozess prüfen Gerichte genau, ob diese Umstände tatsächlich vorliegen.
  • Innerbetriebliche Umstände können Restrukturierungsmaßnahmen oder andere interne Umstellungen sein. Hier genügt es, wenn Sie die Maßnahme hinreichend begründen können. Das Gericht prüft dann grundsätzlich nicht mehr, ob sie tatsächlich sinnvoll ist.

Wichtig: Ihrem Arbeitnehmer gegenüber müssen Sie die Kündigung grundsätzlich nicht begründen. Erst wenn dieser gegen die Kündigung klagt, verlangt die Rechtsprechung eine Begründung von Ihnen.

Keine Kündigung bei Weiterbeschäftigungsmöglichkeit

Sie dürfen keine Arbeitnehmer kündigen, die an einer vergleichbaren Stelle weiterbeschäftigt werden können. Das gilt auch, wenn dafür eine zumutbare Fortbildung oder Umschulung notwendig ist.
Stellen, auf denen Leiharbeiter arbeiten, gelten grundsätzlich als freie Stellen. Leiharbeit muss deshalb oft vorrangig beendet werden.

Die richtige Sozialauswahl

Arbeitgeber dürfen nicht frei auswählen, wen Sie kündigen. Stattdessen muss die Auswahl anhand sozialer Gesichtspunkte getroffen werden. Bei vergleichbaren Stellen müssen Sie vorrangig jene Mitarbeiter kündigen, die die Entlassung am besten verkraften können. Maßgeblich sind diese Kriterien:

3. Abfindung nach einer Kündigung aus wirtschaftlichen Gründen

Arbeitgeber sind nicht verpflichtet, gekündigten Arbeitnehmern eine Abfindung zu zahlen. Häufig bieten Unternehmen dennoch Abfindungen an. So stellen sie sicher, dass nicht gegen Kündigung geklagt wird.
Dies sind die sechs wichtigsten Wege zu einer Abfindung nach einer Kündigung aus wirtschaftlichen Gründen:

  • Abfindung aus einem Sozialplan: Wenn mehrere Arbeitnehmer gleichzeitig entlassen werden, wird meist mit dem Betriebsrat ein Sozialplan ausgehandelt. Dieser soll die wirtschaftlichen Nachteile für die betroffenen Arbeitnehmer ausgleichen oder mildern. Meistens sieht der Sozialplan Abfindungen vor.
  • Abfindungsangebot im Kündigungsschreiben: Häufig bieten Arbeitgeber schon im Kündigungsschreiben eine Abfindung nach § 1a KSchG für den Fall an, dass der Arbeitnehmer die dreiwöchige Klagefrist verstreichen lässt. So akzeptiert er die Kündigung.
  • Abfindung per gerichtlichem Vergleich: Hier bietet der Arbeitgeber eine Abfindungssumme dafür an, dass der Arbeitnehmer seine Klage zurückzieht und die Kündigung hinnimmt.
  • Abfindung per Abwicklungsvertrag: Auch wenn kein Abfindungsangebot im Kündigungsschreiben enthalten ist, können Arbeitnehmer mit ihrem Arbeitgeber eine Abfindung per Abwicklungsvertrag aushandeln. Sie versichern dann, auf eine Klage zu verzichten, und erhalten im Gegenzug die Abfindung.
  • Abfindung aus Tarif- oder Arbeitsvertrag: Möglicherweise legt bereits der Arbeits- oder Tarifvertrag eine Abfindung fest.
  • Abfindung nach gewonnenem Gerichtsprozess: Ist der Kündigungsschutzprozess gewonnen, ist die Kündigung unwirksam. Der Arbeitnehmer kann dann in aller Regel in den Betrieb zurückkehren. Nach einem Rechtstreit ist dies aber häufig unzumutbar, z.B. wegen eines erbitterten Streits vor Gericht. Dann bestimmt das Gericht ggf. die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses gegen eine angemessene Abfindung. Dieser Fall bleibt aber die Ausnahme.

Abfindungen sind Verhandlungssache

Haben Sie als Arbeitnehmer den Mut, mit Ihrem Arbeitgeber in Nachverhandlungen zu treten! Ihr Arbeitgeber begegnet einem hohen Risiko, wenn Sie die Abfindung nicht wahrnehmen und stattdessen Ihre Kündigungsschutzklage bis zum Ende führen. Häufig können Sie deshalb attraktive Beträge aushandeln, wenn Sie aktiv auf Ihren Arbeitgeber zugehen.

4. Kündigung aus wirtschaftlichen Gründen im Kleinbetrieb

Arbeitnehmer, die in Kleinbetrieben mit bis zu zehn Mitarbeitern beschäftigt sind, genießen keinen allgemeinen Kündigungsschutz. Die Kündigung ist für den Arbeitgeber dann wesentlich einfacher. Es muss dann kein gesetzlicher Kündigungsgrund vorliegen und auch keine Sozialauswahl beachtet werden.
Einige Kündigungsschutzvorschriften gelten aber dennoch:

  • Formvorschriften: Auch bei der Kündigung im Kleinbetrieb muss nicht nur die Schriftform eingehalten, sondern auch der Betriebsrat vorher angehört werden. Ansonsten ist die Kündigung rechtswidrig.
  • Maßregelungsverbot: Nach § 612a BGB darf die Kündigung keine Reaktion darauf sein, dass der Arbeitnehmer seine Rechte wahrgenommen hat. Eine Maßregelung wird bereits angenommen, wenn ein enger zeitlicher Zusammenhand zwischen der Kündigung und der Rechtseinforderung besteht.

Beispiel: Ein Mitarbeiter verlangt Bezahlung nach dem neuen Mindestlohn und wird 2 Wochen später gekündigt.

  • Verstoß gegen Treu und Glauben oder die guten Sitten: Die Kündigung darf nicht gegen die Grundsätze von Treu und Glauben verstoßen. Insbesondere soll ein Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme beachtet werden. Auch wenn die Kündigung aus verwerflichen Beweggründen, z.B. wegen falschen Antworten auf unzulässige Fragen bei der Bewerbung, erfolgt, kann sie sittenwidrig und somit rechtswidrig sein.
  • Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG): Diskriminierende Kündigungen, z.B. aufgrund der ethnischen Herkunft, sind gesetzlich verboten.
  • Der Sonderkündigungsschutz für Schwangere, Schwerbehinderte, Auszubildende, usw. gilt weiterhin.
5. Ist eine fristlose Kündigung aus wirtschaftlichen Gründen möglich?

Aus wirtschaftlichen Gründen darf nur ordentlich und fristgerecht gekündigt werden. Wenn nichts anderes im Arbeits- oder Tarifvertrag vereinbart wurde, gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen aus § 622 BGB. Diese richten sich nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers.
Selbst wenn der Betrieb in starken finanziellen Schwierigkeiten steckt, kommt keine fristlose Kündigung in Betracht. Der Arbeitnehmer muss nicht für die wirtschaftlichen Probleme des Arbeitgebers einstehen. Erst bei einer Insolvenz des Arbeitgebers gilt nach § 113 Insolvenzordnung (InsO) eine Maximalfrist von drei Monaten.
Allenfalls denkbar ist eine fristlose Änderungskündigung aus wirtschaftlichen Gründen. Dies ist allerdings wirtschaftlichen Extremsituationen denkbar und in der juristischen Diskussion umstritten.
Ansonsten kommt eine außerordentliche, fristlose Kündigung nur in Betracht, wenn scherwiegende Gründe, die in der Person des Arbeitnehmers liegen, das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses unzumutbar machen.
Aber Achtung: Nicht in jedem Fall ist eine außerordentliche Kündigung auch eine fristlose. Arbeitnehmern, die aufgrund vertraglicher oder gesetzlicher Regelungen ordentlich unkündbar sind, können z.B. bei Betriebsstilllegung außerordentlich betriebsbedingt gekündigt werden. Die Stelle entfällt dann aber erst nach einer sogenannten sozialen Auslauffrist. Dies betrifft Ausnahmefälle und sollte in jedem Fall anwaltlich überprüft werden.

6. Erhalten Arbeitnehmer ein Arbeitszeugnis?

Wenn das Arbeitsverhältnis aus wirtschaftlichen Gründen beendet wird, haben Arbeitnehmer einen gesetzlichen Anspruch auf ein schriftliches Arbeitszeugnis gegenüber dem Arbeitgeber. Dieser ergibt sich aus § 630 BGB.

  • Es gilt grundsätzlich der (hohe) allgemeine Kündigungsschutz. Ausnahmen bestehen nur in Betrieben mit zehn oder weniger Mitarbeitern und in den ersten sechs Monaten der (gesamten) Beschäftigung.
  • Eine Kündigung durch den Arbeitgeber ist – sofern er denn überhaupt einen Kündigungsgrund zur Hand hat –frühestens zum Ablauf der oft mehrmonatigen Kündigungsfrist möglich.
  • Der Arbeitnehmer kann hingegen jederzeit ordentlich kündigen. Die Frist beträgt vier Wochen zum 15. oder zum Monatsende, sofern Arbeits- oder Tarifvertrag nichts Abweichendes bestimmen.

Dabei ist nicht von Belang, ob der Arbeitnehmer in Teilzeit, Vollzeit, als Praktikant oder als Auszubildender angestellt war.Das Arbeitszeugnis muss sowohl wahrheitsgemäß als auch wohlwollend sein. Beachtet der Arbeitgeber dies nicht, können Arbeitnehmer eine Korrektur anfordern.Achtung: Möglicherweise sind im Arbeits- oder Tarifvertrag Fristen für die Beantragung des Arbeitszeugnisses festgelegt. Wenn nicht, gilt die gesetzliche Verjährungsfrist von 3 Jahren.

7. Kündigung aus wirtschaftlichen Gründen: Muster

Arbeitgeber sollten eine Kündigung aus wirtschaftlichen Gründen gut vorbereiten. Beim Stellenabbau ist der Rat eines Fachanwalts für Arbeitsrecht dringend zu empfehlen. Unser Muster ist daher ausschließlich als erste Orientierung und nur unter bestimmten Voraussetzungen geeignet. Es ersetzt keine Beratung im Einzelfall.Muster: [Anrede und Anschrift des Mitarbeiters] Betreff: Ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses vom…
Sehr geehrte(r)…,hiermit kündigen wir den mit Ihnen bestehenden Arbeitsvertrag zum nächstzulässigen Zeitpunkt.
Nach unserer Berechnung ist dies der [Datum].
Mit freundlichen Grüßen
[Unterschrift des Arbeitgebers oder eines bevollmächtigten (!) Vertreters]“

8. Fazit
  • Kündigungen aus wirtschaftlichen Gründen sind hohe gesetzliche Hürden gesetzt. Die Prüfung durch einen Anwalt für Arbeitsrecht lohnt sich.
  • Arbeitgeber müssen die gesetzlichen Vorschriften zu den Voraussetzungen, der Sozialauswahl und der Form einhalten.
  • Arbeitnehmer haben keinen gesetzlichen Anspruch auf eine Abfindung im Falle der Kündigung. Häufig bieten Arbeitgeber dennoch Abfindungen an.
  • Abfindungen sind Verhandlungssache. Sie können oft auch im Wege einer Kündigungsschutzklage erzielt werden.
  • Die Kündigung aus wirtschaftlichen Gründen kann nur fristgerecht erfolgen.
  • Arbeitnehmer haben gegen ihren Arbeitgeber einen Anspruch auf ein wahrheitsgemäßes, wohlwollendes Arbeitszeugnis.